Rechtsextremismus: So viele Vorfälle an Sachsens Schulen wie seit Jahren nicht

Ob Hitlergruß, Hakenkreuze oder rassistische Beleidigungen: Sogar an Grundschulen kommt es immer wieder zu Vorfällen. Das Kultusministerium will dem Problem „mit aller Härte begegnen“. Was heißt das?

Hitlergruß im Unterricht, rassistische Beleidigungen gegen Mitschüler: In sächsischen Schulen haben sich zuletzt so viele Vorfälle mit rechtsextremistischem Hintergrund ereignet wie seit Jahren nicht mehr. 2023 wurden 149 Fälle registriert, wie das Kultusministerium auf die Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Linke) mitteilte. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 73 Vorfälle gewesen. Auch in den Jahren 2020 (52 Vorkommnisse), 2021 (91) und 2022 (48) lagen die Werte deutlich unter dem aktuellen.

Hinzukommt, dass auch die Anzahl der registrierten rechtsextremistischen Straftaten im Vergleich sehr hoch ist. 122 Straftaten wurden 2023 an und in den Schulen erfasst, nach dem es 2021 (53) und 2022 (73) deutlich weniger waren. Auch in den Jahren 2019 und 2020 war die Anzahl mit 105 beziehungsweise 77 Straftaten niedriger.

„Anstieg der Fallzahlen ist besorgniserregend“

„Der jüngste Anstieg der Fallzahlen ist besorgniserregend“, sagte Köditz. Er könne „aber zumindest zu einem Teil auf eine gestiegene Sensibilisierung zurückgeführt werden“. Die Vorfälle in den Schulen würden bereits seit einigen Jahren „detailliert aufbereitet“.

Das Kultusministerium wies auf Anfrage darauf hin, dass man extremistische Vorfälle sehr genau verfolge. „Extremistischen und menschenfeindlichen Bestrebungen an Schulen muss mit aller Härte begegnet werden“, sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). „Politische Bildung in der Schule kann aber nur erfolgreich sein, wenn wir alle unser gesellschaftliches Zusammenleben gestalten und uns damit für Freiheit und Menschenrechte einsetzen.“

Meiste Fälle an Sachsens Oberschulen

Die aufgelisteten Vorfälle betreffen alle Schularten in Sachsen: Einen Schwerpunkt bilden dennoch die Oberschulen, an denen 72 Vorkommnisse gemeldet wurden. Auffällig ist auch, dass es auch an Grundschulen zu 11 rechtsextremistischen Begebenheiten gekommen ist. Insgesamt reicht die Spannbreite vom Zeigen des Hitlergrußes über rechtsextremistische Inhalte in Klassenchats bis hin zu Hakenkreuz-Schmierereien, die an den Schulgebäuden entdeckt wurden. Mitunter gibt es aber auch Ausfälle bei Exkursionen und Klassenfahrten.

Auf der Klassenfahrt mehrerer Berufsschulklassen nach Prag besuchten beispielsweise im Mai 2023 die Schülerinnen und Schüler eine Synagoge. Ein Schüler zeichnete ein Hakenkreuz und SS-Zeichen in das Gästebuch. Schülerinnen der Parallelklasse machten die Symbole unkenntlich. Bei der Exkursion einer Oberschulklasse in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, die ebenfalls im Mai 2023 stattfand, zeigte ein Schüler am Glockenturm den Hitlergruß, während ihn ein weiterer filmte und das Video anschließend verbreitete.

Sachsens Kultusministerium verlangt Null-Toleranz-Strategie

Die Schulen sollten eine „Null-Toleranz-Strategie“ anzuwenden, um dagegen vorzugehen, teilt das Kultusministerium mit: „Als unmittelbare Maßnahme sind Schulen angehalten, rechtsextremistische Vorfälle konsequent zu melden und zur Anzeige zu bringen.“ Darüber hinaus müssten pädagogische Maßnahmen ergriffen werden.

Das Ministerium hat dazu eine Fallbeispielsammlung erstellt, die Einzelfälle „strafrechtlich, schulrechtlich und pädagogische“ aufarbeitet und Handlungsmöglichkeiten aufzeigt. In Sachsen seien zudem 100 Fachlernpläne überarbeitet worden, „um die politische Bildung an Schulen zu intensivieren“.

Rechtsextreme Gruppen mieden zuletzt Schulen

Dass die Anzahl rechtsextremistischer Vorfälle an den Schulen so stark zugenommen hat, lässt aufhorchen: Rechtsextreme Gruppierungen und Parteien verstanden zuletzt Schulen nicht als Aktionsfeld. Die NPD hatte beispielsweise 2014 ein Hirsch-Maskottchen an die sächsischen Schulen geschickt, um Flyer zu verteilen. Im jüngsten Verfassungsschutzbericht wird nur noch eine vergleichbare Aktion der NPD-Jugendorganisation JN aus dem Landkreis Mittelsachsen aufgeführt.

Zugleich haben die Ressentiments in Sachsen stark zugenommen, wie aus der Meinungsumfrage des Sachsen-Monitors hervorgeht. Demnach stellten 64 Prozent der Befragten eine „Überfremdung in einem gefährlichen Maß“ fest.

Quelle: https://www.lvz.de/mitteldeutschland/sachsen-rechtsextreme-vorfaelle-in-schulen-auf-neuem-hoechststand-OHLCG7AQNVAJJMNZLKJOWELG3I.html

Übersicht in der Landtagsanfrage: https://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=15307&dok_art=Drs&leg_per=7&pos_dok=1&dok_id=undefined